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Ötztaler Radmarathon 2006 – Ende einer Hassliebe?

Samstag, 26.08.06

Kurz vor 10 starte ich alleine von Frankfurt Richtung Sölden. Durch die kurzfristige Absage von Corinna und Wolfgang ist meine Mitfahrgelegenheit dahin. Zumindest spielt aber das Wetter mit, größtenteils Sonnenschein – und so bringt mich auch der Stau am Fernpass nicht aus der Ruhe …

Sonntag, 27.08.06

Um 0:45 Uhr werde ich zum ersten Mal wach. Liegt es an dem isotonischen Nachtgetränk vom Vorabend? Oder stört das Plätschern, das von Draußen hereindringt? Ich werde nun stündlich wach und meine Motivation ist auf dem Tiefpunkt angelangt. Diese W-Fragen: Wofür, weshalb, warum? Ich male mir aus, um 6:30 Uhr bei strömendem Regen zu starten …

Um 4:45 Uhr reißt mich dann der Wecker aus dem Schlaf. Es plätschert immer noch. Doch der Blick aus dem Fenster ist enttäuschend: Es ist trocken, keine Ausrede, ich muss wirklich starten …

Sölden – Der Start

Punkt 6:30 Uhr fällt der Startschuss. Es dauert noch ein paar Minuten, bis auch wir über die Startlinie rollen. Nach 1 km schalte ich dann auch mal die Aufzeichnung vom Tacho ein – es ist einfach zu früh für mein Hirn. Die Abfahrt nach Ötz verläuft ohne Zwischenfälle – im Gegenteil, es ist eher auffällig, wie besonnen das Feld hier fährt. Aufgrund der (grottigen) Wettervorhersage habe ich mich für die defensive Kleidungsvariante entschieden: Lange Hose (über der kurzen) sowie oben warmes Unterhemd, kurzes Trikot, gefüttertes Langarmtrikot und Windweste.

Kühtai

Kaum im Anstieg muss ich auch schon halten. Ich bin zu warm angezogen. Die Windweste ist schnell verstaut, aber die lange Hose will nicht über die Radschuhe, aber sie muss. Nach einer kleinen Ewigkeit steige ich mit dickem Hals wieder aufs Rad – und kurz darauf fängt es an zu tröpfeln. Doch ehe ich mich richtig aufregen kann ist es auch schon wieder vorbei. Es hängen zwar immer mal wieder dunkle Wolkenfetzen herum, aber insgesamt sieht es ganz gut aus und auch die Sonne lässt sich öfters blicken.

Das Kühtai fährt sich ganz gut. Allerdings meldet sich nun das Frühstück wieder. Eigentlich sollte ich schon wieder was essen, aber es geht nix rein. Im Flachstück bei Ochsengarten probiere ich dann einen Powerbar, den ich auch bis zum folgenden Steilstück wegputze. Oberhalb des Sees folgt dann der obligatorische Fototermin und vor der Rampe zur Passhöhe gibt’s wegen einer Baustelle noch eine kleine Crosseinlage. Die Verpflegung auf der Passhöhe lasse ich rechts liegen und stürze mich direkt in die Abfahrt. Und ab hier wird’s ungemütlich. Von oben ist es zwar trocken, doch die Strasse ist nass und mir wird zu kalt. Vor allem ist die kurze Hose hier völlig ungeeignet, da die nassen Knie ungeschützt im Wind stehen. Ich bin froh, als wir Kematen erreichen, da ich schon anfange zu zittern. Es bildet sich eine große Gruppe mit der ich bis nach Innsbruck rolle.

Brenner

Im Einstieg zum Brenner wird die Gruppe gesprengt. Ich lasse reißen, da ich mir nicht schon hier die Kante geben will. Insgesamt läuft es gut und ich finde bald eine Gruppe die passt. An der letzten Rampe kann ich sogar vorne raus fahren und erreiche die Verpflegung auf der Passhöhe. Nach einem kurzen Wassertausch treffe ich Dirk (RSG Citybike Darmstadt) und wir fahren gemeinsam Richtung Sterzing. Im unteren Teil der Abfahrt werden wir kurz geduscht, aber in Sterzing ist es schon wieder trocken.

Jaufenpass

Der Plan, den Jaufenpass gemeinsam zu fahren, endet schon im ersten Drittel, da mir Dirks Tempo zu hoch ist. Trotzdem läuft es auch hier gut. Ich finde eine passende Trittfrequenz und kurble locker den Berg rauf. Schneller als erwartet komme ich an die Baumgrenze und nachdem kurz vorher wieder ein kurzer Schauer runterkam, scheint nun die Sonne und man kann die Passhöhe schon sehen. Nach einem kurzen Wassercheck fahre ich an der Verpflegung auf der Passhöhe vorbei. Die Abfahrt nach St. Leonhardt ist eine meiner Lieblingsabfahrten. Leider ist die Strasse hier nicht durchgängig trocken, so dass ich nicht volles Tempo gehen kann – lieber ein paar Minuten liegen lassen und gesund unten ankommen.

Timmelsjoch

Nachdem es auf dem Jaufenpass doch wieder empfindlich kühl und windig war, empfängt uns St. Leonhardt mit 30°. In Moos fängt dieser Pass erst richtig an und in diesen Steilstücken platze ich dann auch. Ich muss halten und das Langarmtrikot ausziehen. Es läuft danach auch hier wieder ganz gut und ich werde schon skeptisch, wann denn wohl der Einbruch kommt. Nach dem Steilstück oberhalb von Moos dauert es dann aber ewig bis zur Verpflegung im Flachstück. Diesen Teil hatte ich kürzer in Erinnerung und auch nicht so steil. An der Verpflegung nehme ich mir Zeit, denn ich weiß ja, was mich erwartet. Die Kehren bis zum Tunnel fahren sich dann auch beschissen. Ich möchte dauernd runterschalten, bin aber längst im letzten Gang. Eigentlich weiß ich ja genau, dass hier auch 39/29 nicht ausreicht, aber …

Nun ist Kopfarbeit angesagt: Quäl Dich Du Sau! Zumindest habe ich keine Krämpfe, nur der Rücken zwickt (kein Wunder) und die Atemwege schmerzen. Die gut 6 km von der Verpflegung bis zum Tunnel dauern eine Ewigkeit. Und dann ist der Tunneleingang erreicht. Hier weiß ich, dass ich es praktisch geschafft habe. Stiller Jubel, ich bin den Tränen nah …

Nach dem Tunnel muss ich halten und das Langarmtrikot wieder anziehen. Mich spricht ein anderer Fahrer an, und meint: Super Zeit. Ich realisiere hier erst, wie schnell ich (für meine Verhältnisse) unterwegs bin. Mein Tacho bestätigt mir, dass ich eine Zeit unter 10 h schaffen kann. Wahnsinn!

Doch das Wetter reißt mich aus meinen Hochrechnungen heraus. Es ist schweinekalt und es bläst uns ein krasser Gegenwind die letzten Meter hinauf zur Passhöhe entgegen. Nach ein paar Kehren geht die Strasse dann fast geradeaus runter, doch der Gegenwind verhindert Geschwindigkeiten jenseits der 60. Ich bin froh über den Gegenanstieg zur Mautstation, um mich wieder aufwärmen zu können. Und damit sind auch (bis auf 2 Bodenwellen) alle erwähnenswerten Höhenmeter absolviert. Der Regenschauer bei Hochgurgl ist jetzt auch egal, und ich rege mich nur noch über diesen Idioten auf, der in den Kehren wie ein Bekloppter an uns vorbei bläst, um dann mit blockierendem Hinterrad noch fast einen anderen abzuschießen …

Und dann ist Sölden erreicht. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl dort einzulaufen und dabei von den vielen Menschen beklatscht zu werden. Gänsehaut pur …

Fazit

Nie wieder! Nein, das habe ich nach dem ersten Ötzi gesagt und dies war nun der 3. in Folge …

Never say never – aber die gut 9:55 h werde ich kaum toppen können. Und somit war’s das wohl erst mal, das vorläufige Ende einer Hassliebe!